Das Enneagramm-Strukturmodell
Wie deine Wahrnehmung dein Leben beeinflusst

Das Enneagramm-Strukturmodell ist ein kraftvolles Instrument zur Entschlüsselung der Komplexität menschlicher Wahrnehmung. Es betrachtet unterschiedliche Ego-Strukturen in einer systemischen Darstellung und basiert auf der Prämisse, dass jeder Mensch die Welt durch einen einzigartigen Wahrnehmungsstil betrachtet, der durch das Enneagramm in neun unterschiedliche Stile kategorisiert wird. Diese Stile sind nicht einfach Verhaltensweisen oder Persönlichkeitstypen, sondern tief verwurzelte Wahrnehmungsmuster, die unsere Interpretation der Realität und unsere Reaktionen darauf maßgeblich beeinflussen.

Was ist das  Enneagramm-Strukturmodell ?

Das Enneagramm-Strukturmodell beschreibt selektive Wahrnehmung. Alle neun Sichtweisen zusammen nehmen 360° Realität wahr. Als Einzelpersonen nehmen wir nur einen Ausschnitt der Gesamtrealität wahr. Teilt man 360° durch neun, so erhält man 40°. Diese 40° sind unser Hauptfokus (unsere Wahrheit) und ermöglicht uns natürliche Kompetenzen zu entwickeln. Diese

Denken, Fühlen und Verhalten entstehen aufgrund unserer Wahrnehmung. Diese werden durch die Leidenschaft gesteuert und sie entwickeln gemeinsam eine Grundlebensstrategie – unser Ego. Die Grundlebensstrategie kümmert sich um uns. Sie will, dass es uns gut geht. Sie will uns sicher halten und lenkt unsere Wahrnehmung entsprechend auf Themen, die uns Leid zufügen könnten. Weil wir diese Themen so scharfsinnig erkennen können, entwickeln wir eine Sensibilität für alles, was aus diesem Wahrnehmungsraster fällt. Wahrnehmung ist somit die unbewusste natürliche Kompetenz jedes Enneagramm-Stils.

Das Modell wurde von Pamela Michaelis ca. 1999 entwickelt und wird in keiner anderen Enneagramm-Schule auf diese Weise gelehrt.

Welchen Nutzen hat das Enneagramm-Strukturmodell?

Das Enneagramm-Strukturmodell ist ein Werkzeug, um die Vielfalt der menschlichen Erfahrung zu verstehen und zu würdigen. Es zeigt, wie unsere automatische Programmierung durch das Enneagramm unsere Wahrnehmung, unser Denken, Fühlen und Handeln bestimmt. Dieses Bewusstsein für Unterschiedlichkeit kann dazu beitragen, dass wir einander besser verstehen und mehr Empathie füreinander entwickeln.

Das Modell hat große Bedeutung für die Selbstentwicklung und für moderne Arbeitskonzepte wie New Work. Es wird deutlich, dass das Enneagramm nicht nur ein Analysewerkzeug ist, sondern auch eine Grundlage für persönliches Wachstum und Entwicklung bietet. Durch das Verständnis und die Anwendung des Modells kannst du lernen, das eigene Potenzial zu entfalten und sich selbst sowie andere besser zu verstehen.

Das Enneagramm-Strukturmodell im Detail

Intern bezeichnen wir das Modell auch als "Auge". Es ist ein treffender Vergleich, denn auch unser anatomisches Auge kann nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit erfassen. Konkret sehen wir sogar nur den Teil scharf, den wir direkt fokussieren. Im Kontext des Enneagramm-Strukturmodells bedeutet es, wir erkennen nur einen 40°-Ausschnitt (von 360°). Es repräsentiert die begrenzte Perspektive eines jeden Enneagramm-Stils, der nur einen Bruchteil des gesamten Spektrums der Wirklichkeit sehen und verstehen können. In Prozent sind es etwa 11 Prozent (von 100) der objektiven Realität. Dieser begrenzte Blickwinkel ist geprägt durch unsere Kernmotivationen und Leidenschaften, die wiederum unsere grundlegenden Lebensstrategien formen.

Die biologische Wahrheit hinter diesem Modell ist, dass unsere Wahrnehmung durch unsere Neurophysiologie und unsere psychologische Struktur gesteuert wird. Wie ein Radargerät, das Signale auffängt und interpretiert, so reagiert unser Enneagramm-Stil auf die Welt um uns herum, getriggert durch unsere tiefsten Überzeugungen und emotionalen Reaktionsmuster. Diese Reaktionen sind automatisiert und tief in uns verankert, sodass sie unsere Entscheidungen und Handlungen unbewusst steuern.

Deine Wahrnehmung ist das Wichtigste – für dich

Du fokussierst, was für dich wichtig ist – der Rest ist sekundär. Du kannst nur über Themen nachdenken, die du wahrnimmst. Solange du ein Thema nicht kennst, hast du keine Möglichkeit dich darüber auszutauschen. Wenn ich dich zum Beispiel bitte über "Gute Beziehungen" nachzudenken, dann wirst du es mit deiner Wahrnehmung betrachten und dich auf Aspekte fokussieren, die dir wichtig sind. Und weil du sie für wichtig hältst, achtest du auf diese Aspekte. Du bemerkst Störungen und bist sogar bereit sie anzusprechen, wenn sie in dir eine emotionale Reaktion erzeugen. Emotionale Reaktionen werden getriggert, wenn in deiner Wahrnehmung etwas Positives oder Negatives passiert. Die Themen der anderen Person sind sekundär. Wenn dein Gegenüber etwas anspricht, was ihm / ihr wichtig ist, ist deine Bereitschaft darüber ähnlich lange nachzudenken / zu reden geringer. Der Grund ist, dass du zu diesen Themen keine innere Programmierung entwickelt hast, die emotionale Reaktionen auslösen. Was du wichtig findest, ist ein unbewusstes Programm deiner Wahrnehmung, das dein Leben bestimmt. Es hängt Grundlebensstrategie, Enneagramm-Struktur und Wahrnehmung zusammen. Doch wie können wir aus dieser Programmierung aussteigen?

Die Rolle der Leidenschaft und Energie

Die Leidenschaft dient im Rahmen des Enneagramm-Strukturmodells als Energielieferant und steuert unsere Wahrnehmung. Das Modell verdeutlicht, dass unser Denken, Fühlen und Handeln von unserer Grundlebensstrategie und unseren tiefsten Glaubenssätzen, Kommunikation und Verhaltensweisen gesteuert werden.

Das Enneagramm-Strukturmodell hebt hervor, dass Sprache und Gedanken von unserem Enneagramm-Stil geprägt sind und wie dies unsere Fähigkeit beeinflusst, über bestimmte Themen zu sprechen oder nachzudenken.

Wie das Enneagramm-Strukturmodell bei der persönlichen Entwicklung hilft

Wenn wir lernen, unsere automatischen Verhaltensstrategien (ausgelöst durch unseren Wahrnehmungsstil) zu beobachten und zu stoppen, haben wir die Chance, unsere Aufmerksamkeit nach innen zur aufsteigenden Energie zu richten. Genau an dieser Stelle können wir eine Praxis üben für die Transformation der Leidenschaft zu unserem höheren Potenzial bzw. zur Tugend. Durch diese Praxis erhöhen wir die Ebene unseres Bewusstseins.

Wenn du dich zurückziehst, kannst du in dich gehen und über dein gewünschtes Verhalten nachdenken. Doch sobald du wieder ins Leben trittst, ist deine Wahrnehmung wieder zurück und du verhältst dich entsprechend. Deswegen ist es notwendig, mit der inneren Entwicklung dort anzufangen, wo du deine Handlungsstrategie verändern kannst: in der Welt. Der Weg heißt „Wach werden und beobachten lernen”; das Loslassen alter einschränkender Verhaltensgewohnheiten; das Integrieren von neuen und meine bisherige Strategie ergänzenden Verhaltensweisen, während ich mich im Leben bewege.

Du lernst mit Neugierde und ohne Bewertung, deine Gewohnheiten zu beobachten und zu verstehen. Das ist die tägliche innere Kleinarbeit – körperlich spürbar – an der wir uns wirklich weiterentwickeln können. Diese Kleinarbeit setzt viel Energie frei für neue Wege und Erfahrungen. Hier beginnt die Brücke zum wirklichen (Selbst-)Bewusstsein und zu der eigenen Spiritualität.

Wer den Willen hat, an der eigenen Entwicklung zu arbeiten, kann mithilfe des Enneagramms einen wunderschönen und lehrreichen Weg gehen und wirkliche innere Veränderungen erreichen: ein reiferes Selbstbewusstsein, mehr Kraft und eigene Kreativität, erhöhtes Selbstwert-Gefühl, Zufriedenheit, Achtung und Liebe.